…heute Mal ein wunderbarer Gastbeitrag…

… Monika Tempel – Psychopneumologie

Ich freue mich sehr über diesen interaktiven Beitrag, nachdem ich die Aktivitäten von Frau Tempel doch schon länger verfolge und sehr bemerkenswert finde – herzlicher Danke. Auch wenn ich bei den einführenden Worten etwas verlegen geworden bin – aber lest selbst.

 

Gastbeitrag von Monika Tempel: Das Steuer übernehmen

 

In den Turbulenzen einer COPD-Erkrankung fällt es nicht leicht, tagtäglich das Steuer zu übernehmen und Kurs zu halten. Einer, dem das immer wieder gelingt, ist Eberhard Jordan: Stephansdom und Donauturm-Besteiger, Betreiber dieses Blogs und Autor des Mutmachbuches „Hoch hinaus mit COPD“. Auf ganz eigenen Wegen (die ihn besonders oft in den geliebten Wiener Prater führen) hat sich Eberhard Jordan zu einem erfolgreichen Experten aus Erfahrung entwickelt. Weniger Erfahrene mit COPD finden in den folgenden Ausführungen ein paar Anregungen für den Umgang mit den täglichen Höhen und Tiefen, besonders nach einer akuten Verschlechterung der COPD

 

Die Anregungen in diesen Gastbeitrag basieren auf einem Artikel aus dem International Journal of Chronic Obstructive Pulmonary Disease (McNaughton, A., Levack, W., & McNaughton, H. (2020). Taking Charge: A Proposed Psychological Intervention to Improve Pulmonary Rehabilitation Outcomes for People with COPD. International journal of chronic obstructive pulmonary disease, 15, 2127.) und auf der Intervention „Taking Charge” des Medical Research Institute of New Zealand (Autoren: McNaughton H, Fu V, Riley J).

 

Was erfolgreiche Steuermänner (und Steuerfrauen) auszeichnet

 

Wer das Mutmachbuch von Eberhard Jordan liest, wird die typischen Eigenschaften eines erfolgreichen Steuermannes durch ein Leben mit COPD unschwer entdecken:

 

  1. Erfolgreiche Steuermänner (und bitte immer die erfolgreichen Steuerfrauen mitdenken!) haben das „Gesamtkunstwerk Leben“ im Blick.

Eberhard Jordan beschreibt sein „Gesamtkunstwerk Leben“ so: „Ich habe eine neue Begleiterin mit dem Namen COPD.“

  1. Erfolgreiche Steuermänner können ausdrücken, was sie als Person ausmacht.

Eberhard Jordan benennt als Facetten seiner Person u. a.: Bildhauer, Vater, Großvater, Wiener, Prater-Fan, Stiegensteiger)

  1. Erfolgreiche Steuermänner halten alles (bzw. vieles) für möglich.

Eberhard Jordan hat mit seiner „myCOPD-Challenge Vienna“ schon zwei selbstgesteckte Stiegen erklommen: 2018 den Stephansdom, 2019 den Donau-Turm.

  1. Erfolgreiche Steuermänner haben Unterstützer.

Eberhard Jordan zählt zu seinem multidisziplinären Expertenteam insgesamt sieben Experten: einen Experten für Reha, Physiotherapie, Sport und Bewegung, einen Experten für Krankenhaus und Intensivstation, eine Expertin für das, was COPD für Angehörige bedeutet und wie das Umfeld helfen kann und vier weitere Experten.

 

Eine solche Beschreibung flößt Respekt ein. Da könnte man neidisch (und mutlos werden). Doch: Was Eberhard Jordan als erfolgreichen Steuermann auszeichnet, kann auch ein weniger Erfahrener für sein Leben mit COPD Schritt für Schritt entwickeln. Los geht´s!

Das „Gesamtkunstwerk Leben“ in den Blick nehmen

 

Zunächst nimmst Du in drei Schritten Dein „Gesamtkunstwerk Leben“ in den Blick.

Schritt 1: Der Zwei-Kreise-Prozeß

 

 

Kreis 1 (Ein COPD-Patient):

Schreibe in das weiße Textfeld oder einen Block alles, was Du mit Deiner COPD verbindest (z. B. Schwäche, Schwierigkeiten beim Gehen, Müdigkeit, Konzentrationsprobleme, Einsamkeit, traurig, kann nicht arbeiten, benötige Hilfe…).

 

Kreis 2 (Eine Person, die – auch – COPD hat):

Schreibe in das weiße Textfeld oder einen Block alles, was Dich als Person ausmacht (Vater, Großvater, Sohn, Angestellter, freundlich, hilfsbereit, tüchtig…).

Entwickle als Ziel, immer öfter bewußt in Kreis 2 zu verweilen und aus diesem Bewußtsein zu handeln: „Wer ich wirklich bin – eine Person, die (auch) COPD hat“.

 

Schritt 2: Meine Hoffnungen – meine Befürchtungen

 

Emoji 1 (Meine Hoffnungen):

Schreibe auf, was Du in Deinem Leben tun möchtest (Hoffnungen, Ziele, Anregungen für die nächsten 12 Monate…).

 

Emoji 2 (Meine Befürchtungen):

Schreibe auf, wovor Du Dich fürchtest (Ängste, Befürchtungen, Sorgen…).

Beachte: Manchmal werden Hoffnungen erst bewußt oder klarer, wenn Du über Deine Befürchtungen nachdenkst. Zum Beispiel: Wenn Du Angst davor hast, daß Spiele mit Deinen Enkelkindern wegen Luftnot immer schwieriger werden, deutet das auf Deine Hoffnung hin, daß Du die Beziehung zu Deinen Enkelkindern vertiefen möchtest.

 

Schritt 3: Ein gelungener Tag in meinem Leben

 

Male vier Szenen, die für Dich zu einem „gelungenen Tag“ gehören. Falls Du nicht gerne malst, stelle Dir die vier Szenen möglichst lebendig in Gedanken vor. Benutze alle Deine Sinne: nicht nur Sehen, sondern auch Hören, Riechen, Schmecken, Tasten.

Einzel-Szenen aus dem „Gesamtkunstwerk Leben“ unter die Lupe nehmen

 

Nach diesem Überblick in drei Schritten betrachtest Du nun intensiver Einzel-Szenen aus Deinem „Gesamtkunstwerk Leben“. Damit erstellst Du eine reichhaltige Themenliste für Deinen Alltag mit COPD.

 

Die Einzel-Szenen umfassen:

  1. Körperliche Aspekte (z. B. Mobilität, Körperpflege, Haushaltsführung…)
  2. Kommunikation (z. B. sich unterhalten, verstehen, lesen, schreiben, am PC arbeiten…)
  3. Emotionales Befinden (z. B. ängstlich, aufgeregt, gestreßt, niedergeschlagen, hilflos…)
  4. Informationsbedürfnisse (z. B. Arztgespräche, Internet, Patientenorganisationen…)
  5. Finanzielle Belange (z. B. Steuererklärung, berufliche Wiedereingliederung, finanzielle Unterstützung bei chronischer Krankheit…)
  6. Mein Unterstützer-Netzwerk (Familie, Freunde, Nachbarn, Selbsthilfegruppe…)
  7. Akute Verschlechterungen vermeiden (Rauchstop, Medikamente, Inhalationen, Lungensport…)

Wie die konkrete Arbeit mit den Einzel-Szenen aussieht, erfährst Du am Beispiel „Mein Unterstützer-Netzwerk“ (Punkt 6).

 

 

Mit welcher Einzel-Szene Du beginnst, ist einfach: Möglicherweise ist Dir bereits während der drei Schritte beim „Gesamtkunstwerk Leben“ ein Bereich besonders deutlich ins Auge gefallen. Starte mit diesem Bereich (oder mit einem Bereich, den Du bei erneuter Betrachtung als besonders wichtig einordnest).

 

Laß Dich bei der Ausarbeitung der Tabellen von Deinen Ideen für die Zukunft leiten – und wie Du Deine Ziele in möglichst kleinen Etappen Schritt für Schritt erreichen kannst. Genau so, wie Du es in der Reha oder im Lungensport auch beim Treppensteigen machst…

 

Was es bedeutet, wenn Du das Steuer übernommen hast

 

Als erfolgreicher Steuermann

  • hast Du häufig das Gefühl, selbst Einfluß auf Dein Leben nehmen zu können
  • besitzt Du die Fähigkeiten, um das Beste aus Deinem Leben mit COPD zu machen
  • empfindest Du Dein Leben mit der Krankheit als sinnvoll
  • fühlst Du Dich verbunden mit den Menschen, die Dir wichtig sind

Wenn Du das Steuer übernimmst, wandelt sich Dein Selbstbild immer öfter und immer beständiger weg von der Selbstwahrnehmung als „COPD-Patient“ (Kreis 1) hin zu einer „Person, die (auch) COPD hat“ (Kreis 2).

 

Aber was tun, wenn Du in den Strudel der Atemnot gerätst?

 

Bisher ging es in den Ausführungen ganz allgemein darum als Betroffener das Steuer zu übernehmen und das Leben mit COPD aktiv zu gestalten. Was aber tun, wenn Du mit Deinem Gefährt in die rauhen Gewässer der Atemnot kommst? Die meisten Betroffenen wissen, welche Strudel ich meine…

 

In diesen Fällen helfen Dir möglicherweise die Manöver aus meiner Atemnot-Broschüre. Es ist eine schöne Fügung, daß diese Atemnot-Broschüre als „Segelschule“ konzipiert ist. Damit knüpft sie zwanglos an das Sprachbild aus der neuseeländischen Studie an: „Das Steuer übernehmen“.

 

Am Steuer und mit den Leinen eines Segelbootes kannst Du in den rauhen Gewässern der Atemnot lernen, Wind und Wellen zu Deinem Wohl zu nutzen. Durch geeignet Manöver kommst Du so sicher an Dein Ziel.

 

Die kostenlose Atemnot-Broschüre findest Du hier: https://www.atemnot-info.de/

 

Ich wünsche allen COPD-Steuermännern (und Steuerfrauen) gute Fahrt!

Monika Tempel

https://www.monikatempel.de/ und https://www.atemnot-info.de/

 

PS: Kluge COPD-Steuermänner wissen übrigens, an welchen Tagen „das Steuer übernehmen“ bedeutet: nicht gegensteuern, sondern die Hand nur am Steuer halten und sich Wind und Wellen überlassen…

 

In diesem Sinne haltet aktiv Euren Kurs, und auf eine schöne aktive Woche!

Eberhard Jordan

1 Kommentar zu „…heute Mal ein wunderbarer Gastbeitrag…“

  1. Pingback: Gastbeitrag auf mycopd-blog: "Das Steuer übernehmen" | Monika Tempel

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